Die Unterkunft hab ich am letzten Tag meines Aufenthaltes
in Jeju schon frueh verlassen, da ich wieder mal die halbe Nacht wach war.
Ich bin dann schon frueh - so gegen 9:00 - wieder am Hafen angekommen
und musste nun noch 10h auf die Faehre zurueck nach Busan warten.
Mein Plan war daher, mir die Zeit an dem kostenlosen Internet Terminal mit viel Kaffee zu vertreiben,
damit ich nicht schon wieder zu frueh einschlafe.
Kurz darauf wurde ich aber auf eine lautstarke Stimme aufmerksam, das sich zu einem Geschrei steigerte.
Ich konnte das noch nicht ganz einordnen, woher das kam, aber scheinbar eine Koreanerin, die grad etwas austickt.
Die Hafenoffiziere haben sie dann nach draussen verjagt und dann war es erstmal wieder ruhiger.
Spaeter war sie wieder da und wanderte in der Halle umher.
Irgendwann setzte sie sich eine Reihe hinter mir hin und sprach mich kurz darauf auch an.
Sie hat wohl gesehen, dass ich mich mit dem Internet ein wenig auskannte
und fragte mich, ob ich wuesste, wie man die Adresse von jemandem im Internet suchen kann.
Ich hab dann mit ihr zusammen via Google, Yellow- und Whitepages gefunden, nach was sie gesucht hat.
Einen Arzt aus Amerika, den sie kontaktieren will.
Ich hatte schon den Verdacht, dass sie mental irgendwie angeschlagen ist,
da ich sie ab und zu mit sich selbst hab reden sehen. Sah zumindest so aus.
Zuerst dachte ich, dieser Arzt sei Psychiater oder so.
Aber nachdem wir seine Adresse gefunden haben stand da noch dabei, er sei Spezialist fuer Innere Medizin.
Der genaue Begriff faellt mir jetzt nicht mehr ein.
Angeblich sei er ein Verwandter von ihr und sie wolle ihn um Hilfe bezueglich Geld oder so bitten.
Sie versucht scheinbar irgendwie das Land zu verlassen und derzeit kommt sie hier nicht weg.
Nachts laeuft sie umher, da die Hafenhalle geschlossen ist und tagsueber schlaeft sie im Warteraum. Solange bis sie hier weg kommt.
Fuer die Hilfe lud sie mich erstmal zu einem Kaffee ein.
Ich hab mich dann noch sehr lange mit ihr unterhalten und sie erzaehlte mir dann, dass sie sehr religioes sei,
sie schonmal fuer 7 Jahre in ein "Mental Hospital" also sowas wie eine Psychosomatische Klinik oder Aehnliches gesteckt wurde.
Nebenbei gesagt, sprach sie eigentlich ganz gut Englisch.
Das ging dann weiter, dass die Regierung ihr ganzes Eigentum usw. weg genommen hat und sie politisch verfolgt wird.
Sie sei auf der Flucht, da man hinter ihr her ist.
Auch wenn ich mich sehr gut mit ihr unterhalten konnte, hatte ich permanent einen Vortrag von Ruediger Dahlke im Kopf,
der vor allem durch seinen Fastenvortrag bekannt ist.
Von ihm gibt es noch einige andere sehr interressante Vortraege,
die mit anderen Themen zu tun haben und in einem beschrieb er das Krankheitsbild "Paranoia".
Das war auch der Teil, an den ich mich dauernd erinnerte, so lange ich mich mit ihr unterhielt.
Vielleicht schneide ich den Teil demnaechst mal aus dem Vortrag aus und stell ihn online.
Aber soweit ich mich noch erinneren kann, ging Dahlkes Aussage in etwa so:
Zu starkes Verdraengen von Ereignissen kann erhebliche Ausmasse annehmen.
Das kann dann soweit gehen, dass die innere, eigene Stimme einen nicht mehr erreicht.
Dann fangen Betroffene an zu sagen, "der Tagesschausprecher gibt mir komische Zeichen".
Und irgendwann ruft derjenige bei der Polizei an und sagt, er wuerde vom FBI verfolgt.
Die Polizei hoert sich das dann 1, 2 maximal 3 mal an und holt dann die Psychatrie...
Naja, je mehr sie mir erzaehlte, umso mehr Aehnlichkeiten konnte ich zu Dahlkes Vortrag erkennen.
Und waehrend ich so ueberlegte, fing sie auf einmal an, einige des Hafenpersonals anzuschreien
You are Muslims!
Government took my property!
Alla will punish you!
Das kam mir dann doch sehr sehr verdaechtig vor.
Kurz darauf standen auch schon mehrere Hafenoffiziere bei uns und gleich darauf auch 2 Polizeibeamte.
Da wurde mir dann doch etwas Bange.
Und was macht man, wenn man Schiss hat?
Die Evolution hat uns fuer gefaehrliche Situationen mit 3 Strategien ausgestattet:
Ok, Angriff waere jetzt glaub eine sehr schlechte Idee.
Fluechten wuerde mich nur sinnlos verdaechtig machen.
Also stellte ich micht "tot" indem ich den Dialog mit ihr abbrach und starr auf den Fernseher vor uns blickte.
Ich wollte jetzt nicht irgendwie in was Komisches verwickelt werden.
Wieso treff ich immer auf solche "Staatsfeinde"?
In Australien war es ja aehnlich mit dieser Studentin aus Malaysia
und auch jetzt sah ich mich in Gedanken schon wieder unschuldig im Gefaengnis.
Ich hatte dieses skurile Bild vor Augen, wie ich unschuldig ins Gefaengnis gesteckt werde
und dort in der Dusche mir die Seife aus der Hand flutscht.
Und je naeher die Seife in Richtung Boden faellt, es hinter mir 3 immer groesser werdende Schatten wirft... Arrg!
Naja, ich bin nicht im Gefaengnis gelandet und die beiden Polizisten waren auch bald schon wieder weg.
Sie haben sich kurz mit ihr unterhalten und eine kurze Notiz genommen.
Auch konnte ich zwischendurch ein Grinsen bei einem der Beamten erkennen.
Ich weiss zwar nicht, was die geredet haben, aber auch die Offiziere
sind bald wieder verschwunden und die Situation hatte sich beruhigt.
Vielleicht hat sie echt was an der Waffel und die wissen das. Keine Ahnung.
Wenn sie wirklich verfolgt wird, warum wurde sie dann jetzt nicht mitgenommen?
Alles schon etwas seltsam. Spaeter hat sie noch mit ihrem Bruder telefoniert
und witzigerweise meinte sie noch zu mir, dass ihr Bruder nen Dachschaden haette,
weil er am Telefon immer ganz ploetzlich von einem Thema ins andere rutscht.
Hmm, liegt wohl in der Familie...
Danach haben wir uns wieder ganz normal wie zuvor unterhalten
und kurze Zeit spaeter kam auch schon die Faehre und ich hab mich dann von ihr verabschiedet.